Wo waren Sie 1968?

Fünfzig Jahre später sind verschiedene Bücher zu dieser Zeit erschienen. Ich habe für Sie eine Auswahl getroffen:




Götz Aly, Unser Kampf. 1968 - ein irritierter Blick zurück

 
S.Fischer
253 Seiten Fr. 35.40

Götz Aly war einer der in Berlin aktiv mitkämpfenden sogenannten 68er. Er tritt also in der Rolle als Zeitzeuge auf und als Historiker. Daher darf man erwarten, dass er einen Rückblick der besonderen Art liefert. Seine Thesen lautet: Die 68er waren ihren Vätern näher, als ihnen heute lieb ist. Alysieht in der 68er-"Bewegung" einen Spätausläufer des Totalitarismus mit einer gewissen Nähe zum Nationalsozialismus.Der Utopismus, die Revolutionsseligkeit, die individuelle Veränderungs- und Aufstiegswut, die Lust an der tabula ras - all dies fand seine Anknüpfungspunkte in den Aktivitäten und in der "Weltanschauung" der "Generation Kübelwagen". So gerät Alys Rückblick zu einem irritierten - weit entfernt zu Renegatentum und nachträglicher Beschönigung. Dieser wird wegen seines bsonderen Ansatzes großes Aufsehen erregen, ja Bestürzung verursachen - besonders bei den damaligen Mitstreitern, von denen sich viele 2008 mit ihren Erinnerungen zu Wort melden werden.


Norbert Frei, 1968 - Jugendrevolte und globaler Protest

 
dtv
285 Seiten Fr. 25.90

Sexuelle Revolution, Popkultur, Autoritätskritik: 1968 hatte viele Gesichter.1968 steht für ein rebellisches Jahrzehnt. In der Bundesrepublik, in Europa und rund um den Globus waren damals Hunderttausende auf den Straßen. Ein neues Lebensgefühl breitete sich aus, einen kurzen Sommer lang sogar hinter dem »Eisernen Vorhang«. Die Unruhe einer ganzen Generation hatte unterschiedliche Auslöser: in den USA vor allem den Vietnamkrieg, in Deutschland die »unbewältigte Vergangenheit«, in Frankreich die neuen Universitäten. Norbert Frei stellt die deutsche Studentenbewegungin einen internationalen Zusammenhang, aus dem heraus vieles überhaupt erst zu verstehen ist.


Jürgen Busche, Die 68er

 
Berliner TB
188 Seiten Fr. 16.50

Aufbruchspathos, und die 68er begannen ihren langen Marsch durch die Institutionen, ein Marsch, auf dem viele Illusionen verloren gingen, der aber im Zentrum der Macht endete.
Heute besetzen 68er die Schaltstellen des Staates, der Wirtschaft und der Universitäten, aber hat diese Generation die Kraft und die Überzeugung, einer Ära ihren Stempel aufzudrücken? Wird sie Bleibendes hinterlassen?

Bei der Bundestagswahl trafen zwei Politiker aufeinander, die, obwohl fast altersgleich, zwei verschiedenen Generationen angehören: Gerhard Schröder hatte in den sechziger Jahren der Studentenbewegung nahe gestanden. Edmund Stoiber hatte sich von ihr ferngehalten. Beide verkörpern in scharfer Ausprägung ihre jeweilige Generation diesseits und jenseits einer historischen Wendemarke.
Was aber prägte die Generation, der Schröder angehört, die Generation der 68er? Sie wuchs in einer fast ausschließlich nach Wohlstand und Sicherheit strebenden Nachkriegsgesellschaft heran, in einer Welt der Großväter, unter der Dominanz der Kirchen. Als Studenten stellten sich die Angehörigen dieser Generation in der Mehrzahl gegen das Schweigen der Väter, gegen die Autoritäten, die der Nationalsozialismus diskreditiert hatte. Sie wurden damit Teil einer internationalen Protestbewegung. Nach dem Höhepunkt der späten Sechziger aber verlor sich das Aufbruchspathos, und die 68er begannen ihren langen Marsch durch die Institutionen, ein Marsch, auf dem viele Illusionen verloren gingen, der aber im Zentrum der Macht endete. Heute besetzen 68er die Schaltstellen des Staates, der Wirtschaft und der Universitäten, aber hat diese Generation die Kraft und die Überzeugung, einer Ära ihren Stempel aufzudrücken? Wird sie Bleibendes hinterlassen?


1968 - Eine Enzyklopädie. Hrsg. von Rudolf Sievers

 
Suhrkamp
492 Seiten Fr. 31.50

"Dieses Buch ist eine Singularität, ein Hybrid aus einer enzyklopädischen Sammlung all der theoretischen Bezugstexte, die man gelesen haben muß, um zu verstehen, was 1968 geschehen ist, und gleichzeitig sind in den Randspalten 365 Tage diese Jahres dargestellt. Beim Blättern in diesem Buch begreifen wir wirklich, daß dies, vielleicht vom Jahr der Französischen Revolution abgesehen, das dichteste Jahr der Weltgeschichte gewesen ist. Hier wird der ganze Planet dargestellt, wir begreifen zum ersten Mal, was Globalisierung bedeutet 1968 ist deswegen das Schlüsseljahr der neueren Zeit weil wir es damals mit dem Ernstfall der Globalisierung zu tun bekommen haben."Peter Sloterdijk


Peter Schneider, Rebellion und Wahn

 
Kiepenheuer & Witsch
364 Seiten Fr. 35.90

Peter Schneider war einer der Akteure von 68, mit Rudi Dutschke, Gaston Salvatore, Ulrike Meinhof. Als einer von ganz wenigen unter ihnen hat er damals Tagebuch geführt - ein Schatz, den er erst jetzt hebt.
Die Jahre 1967/68 waren eine Zeit des Aufbruchs, die Peter Schneider und viele seiner Generation als eine zweite Geburt erlebten. Schneider blättert in seinen Tagebuch-Aufzeichnungen und setzt sich mit den Hoffnungen, Utopien und Verstiegenheiten dieser Zeit auseinander. Es ist kein nostalgischer Rückblick, der da entsteht - eher ein Streitgespräch des 68-Jährigen mit dem 68er über den Frühling vor dem deutschen Herbst. Dabei wird Ernst gemacht mit dem Anspruch, alles Politische sei privat und umgekehrt. In Schneiders Darstellung verschränkt sich der weltweite Aufbruch von 67/68, der der Generation der Väter den Gehorsam verweigerte und eine neue Gesellschaft nach neuen Regeln erschaffen wollte, und eine Amour fou, die den Tagebuchschreiber womöglich mehr umwühlte als seine revolutionären Überzeugungen; der Widerstreit zwischen Künstlerehrgeiz und politischem Aktivismus; das Nebeneinander von Welterlösungsideen und tiefer persönlicher Verzweiflung; der Absturz einer historisch notwendigen Erneuerungsbewegung in persönliche ideologische Erstarrung.
Bei ihrem Infight begegnen sich der alte und der junge Autor durchaus auf gleicher Augenhöhe. Zwar hat der ältere das biologische Privileg, dass er das letzte Wort behält. Dem jüngeren bleibt die Waffe, dass seine radikalen und zuweilen blutrünstigen Ausbrüche gegen die"herrschende Klasse"authentisch sind und sich durch besänftigende Erinnerungsarbeit nicht aus der Welt schaffen lassen. In einem Punkt ist sich der 68-Jährige mit dem 68er einig: Nicht diejenigen, die den Aufbruch wagten, haben sich zu rechtfertigen. Sondern die anderen, die nach dem Zivilisationsbruch des Dritten Reichs glaubten, in den Schuhen und Anzügen ihrer Väter ihrer Karriere nachgehen zu können, als wäre nichts geschehen.


Daniel Cohn-Bendit/Rüdiger Dammann, 1968. Die Revolte

 
S.Fischer
255 Seiten Fr. 27.30

Flower Power, freie Liebe, die Befreiung aus dem Muff von tausend Jahren war es für die einen, der Beginn von bleierner Zeit, Terror und Chaos für die anderen: 1968 ist mehr als nur ein bestimmtes Jahr. Die von den 68ern in Gang gesetzten Ereignisse markieren eine tiefe Zäsur in der Geschichte unseres Landes. Ihre Folgen sind bis heute spürbar: Ob Erziehung, Bildung und Sexualität, das Verhältnis der Bürger zum Staat, politische Beteiligung oder das spannungsreiche Verhältnis zwischen Sicherheit und Freiheit all dies wurde durch die Debatten und Aktivitäten der 68er neu definiert.
Die Autoren dieses Bandes waren zum Teil maßgeblich an den Ereignissen beteiligt und bestimmten sie mit. Farbig und aus eigener Anschauung berichten sie, wie sie 1968 und die Folgejahre erlebten und wie sie auf das, was sie damals wollten, von heute aus zurückblicken.


Historisches Lexikon der Schweiz:

Die Unruhen von 1968 in der Schweiz

In der Nacht vom 29. auf den 30.6.1968 kam es in Zürich vor dem ehem. Globus-Gebäudezu schweren Strassenschlachten zwischen Demonstranten, die ein autonomes Jugendzentrum (AJZ) forderten, und der Polizei. Die Studentenbewegung richtete sich gegen die Autorität des Staates und formulierte eine radikale Kritik an der modernen Gesellschaft, ihrem Wirtschaftssystem und an traditionellen Autoritäten (Armee, Kirche, Schule, Eltern). Sie verlangte u.a. nach partizipativer Politik und nach Solidarität mit der Dritten Welt.

In der Schweiz fanden die Proteste in Zürich ihren grössten Widerhall. Aber auch in weiteren Schweizer Städten kam es in der Folge von 1968 zu zahlreichen Demonstrationen und Protestaktionen. In Genf wandten sich Gruppen um das Maison des jeunes et de la culture und die Prieuré, in Lausanne das Comité action cinéma gegen die traditionelle Kulturpolitik und forderten mehr finanzielle Mittel für die alternative Kultur.


SRG 1968:
Globuskrawalle in Zürich

Zürich 1968. Hrsg. von Erika Hebeisen/Elisabeth Joris/Angela Zimmermann

 bitte mit Mail bestellen erscheint im April  
Verlag Hier & Jetzt
240 Seiten Fr. 48.--

Unter der Chiffre «68» wendet das Buch den Blick auf die Zeit der Protestbewegungen von den frühen 60er- bis in die späten 70er-Jahre. Dabei stellt es die gesellschaftspolitischen und kulturellen Innovationen ins Zentrum. Thematisch eröffnet es ein Kaleidoskop von waghalsigen bis wegweisenden Versuchen, die Gesellschaft – zumindest aber das eigene Leben – zu revolutionieren. Neben Beat und Underground geht es um das erste Love-in auf der Allmend und den FC Bakunin in der alternativen Meisterschaft, um Vietnamdemos und das Zürcher Manifest. Am Beispiel der Heimkampagne, der Fortschrittlichen Studentenschaft, der Frauenbefreiungsbewegung und anderen wird der Kampf um mehr Selbst- und Mitbestimmung dargestellt. Wie genau und wo konkret in Zürich, zeigt das Buch in 17 Artikeln und anhand zahlreicher Bilder.


Bern 68. Lokalgeschichte eines globalen Aufbruchs in Bern, Biel und Burgdorf
Hrsg. von Bernhard Schär

 bitte mit Mail bestellen erscheint im April  
Verlag Hier & Jetzt
240 Seiten Fr. 38.--

1968 abseits der Metropolen
Das Jahr 1968 steht im kollektiven Gedächtnis für den Auftakt einer gesellschaftlichen Liberalisierung, die von einer studentischen, grossstädtischen Bewegung auf der Strasse errungen und angeschoben worden sei. Das Buch nuanciert dieses Bild. Elf Beiträge analysieren das komplexe Zusammenspiel verschiedenster oppositioneller Gruppierungen, die um 1968 herum am gesellschaftlichen und kulturellen Wandel abseits der schweizerischen Metropolen mitgewirkt haben: die literarisch-journalistischen Nonkonformisten, die Studenten-, die Lehrlings-, die Knast-, die Drittwelt-Bewegung sowie «Gammler», «Freaks» und Hippies in Bern, die Mittelschülerbewegung in Burgdorf, Bieler Beatniks, die Emanzipationsbewegung der Jenischen, die Lesbenbewegung und die Radikalfeministinnen. Jeder Beitrag enthält ein Porträt einer ehemaligen Aktivistin oder eines Aktivisten.



 

 

 


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