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Die
Journalistin Elisabeth Bardill-Meyer aus 7106 Tenna im Safiental hat mir
die Erlaubnis gegeben, ihre Buchbesprechungen hier abzudrucken:
Hans Peter Treichler, Schwesternwelten. Spuren und Schicksale
auf zwei Kontinenten
NZZ Libro
350 Seiten Fr. 48.00 Info/bestellen
Schwesternwelten – Spuren und Schicksale auf zwei Kontinenten
Hans Peter Treichler hat sich nach den Recherchen der Familie
Meisser, die er zu einer fantastischen Biografie verdichtete unter dem
Titel „Die Löwenbraut“ weiter in diese Familiengeschichte
vertieft. Tausend und mehr Briefe, Postkarten, Anzeigen, Menukarten, Diplome
oder Konzertprogramme im Nachlass der Fabrikantengattin Susi Streuli-Meisser
sind Stoff des neuen Buches „Schwesternwelten“. Wie durch
ein Fenster lässt sich in eine bewegte Familiengeschichte mit Ursprung
in Chur hineinschauen. Sechs Töchter und zwei Söhne mit unterschiedlichen
Charakteren sorgten für Freuden, Aufregungen, Existenznöte und
Beziehungskomplikationen. Der Autor setzt auf das Zwischenmenschliche
innerhalb der Schwesternwelt am Anfang des 20. Jahrhunderts. Ferne Länder
zu bereisen, eine Stelle im Gastgewerbe oder als Gouvernante anzunehmen,
lockte auch die Meisser Töchter nach Ägypten, Italien oder England
und später auch nach Kanada. Die eine machte Erfahrungen im gehobenen
britischen Haushalt der „Bell Epoche“, zusammen mit vielen
anderen Dienstboten, eine andere suchte in Kanada ihr Glück und heiratete
dort einen Schweizer…
Einige der Geschwister blieben ihr Leben lang in Briefkontakt untereinander.
Sie schilderten Landschaften, Reiseerlebnisse, eine Brandkatastrophe,
nach der man wieder von vorne beginnen musste oder Ehe- und Familienschwierigkeiten
sowie Geldnöte. Unter den Schwestern gab es Leichtsinn und auch tiefe
Ernsthaftigkeit mit Verantwortungsgefühl. Vor allem musste Susi Streuli
in Horgen immer wieder helfen bei finanziellen Engpässen ihrer Schwestern
in Kanada. Durch sie sind auch die Dokumente und Fotografien erhalten
geblieben und dienten als Vorlage für die spannende Familiengeschichte.
Dieses Zeitdokument kann sogar Erinnerungen der Leserschaft an vorletzte
oder vorvorletzte Generationen beleuchten. Der Aufbruch aus der beengenden
Kleinstadt oder aus dem Dorf in die weite Welt hinaus, wo das Erhoffte
nicht immer in Erfüllung ging, erlebten viele Schweizerinnen und
Schweizer. Die ineinander verwobenen Lebensläufe von vier Frauen
berühren auf seltsame Weise. Diese Form der Kommunikation ist heute
zur Seltenheit geworden.
Elisabeth Bardill
Joli
Schubiger-Cedraschi, Haus der Nonna. Aus einer Kindheit im Tessin
Limmat Verlag
144 Seiten Fr. 29.50 Info/bestellen
Haus
der Nonna – aus einer Kindheit im Tessin
Ein Buch, für alle, die gerne zurückdenken. Joli Schubiger-Cedraschi
erzählt, was für sie aus ihrer Vergangenheit bis heute von Bedeutung
ist. Es geht um Bilder und Lebensformen in der Region Mendrisiotto.
„Die Nonna war die Mutter meines Vaters, und sie wurde für
ein paar wichtige Jahre zu meiner eigenen. Meine andere Mutter hatte eben
ihr drittes Mädchen geboren. Einige Jahre zuvor war sie aus Niederösterreich
in die Schweiz gekommen, als Schneiderin, und hatte in Zürich meinen
Vater kennengelernt. Sie verstand kein Italienisch, er fast kein Schriftdeutsch.
Nun litt sie dauernd an Kopfweh. Sie war ängstlich besorgt und hilflos
und nie recht glücklich. Um sie vorübergehend zu entlasten,
wurde ich ins Tessin gebracht.“
Ein Buch, das man nicht nur gerne liest, sondern dabei den Ferienkanton
Tessin aus anderer Sicht wahrnehmen kann. Die südlichste Landesecke
liegt schon jenseits der Alpen und ist in der deutschsprachigen Literatur
wenig bekannt, obschon es eine Region der Künste ist. Zur Zeit des
zweiten Weltkrieges war das Leben in den Dörfern äusserst einfach
aber dennoch strukturiert durch bäuerliche Handarbeit zur Selbstversorgung.
Das reichte bei weitem nicht um eine grosse Familie durchzubringen, sodass
viele junge Männer Dorf und Felder verliessen und als Bauarbeiter
in die Deutschschweiz, zum Beispiel nach Zürich, auswanderten. Feiertage
und Familienfeste wie auch Begräbnisse waren Anlass, dass die Männer
zurück in ihr Dorf kamen und ihre Verwandtschaft besuchten. Die Erinnerungen
an ihre Kindheit erzählt Joli Schubiger in diesem Kontext. Damit
vermittelt sie der Leserschaft ein Stück Frauengeschichte der vierziger
Jahre. In feinfühliger Art sind die alltäglichen existenznotwendigen
Zustände und Handlungen aus dem Empfinden eines Kindes dargestellt.
Wie die Kleintiere geschlachtet, gekocht und gegessen wurden oder wie
Teresina und die Nonna über Alter und Krankheit sprachen. Eine Beerdigung
war für die Reichen die Gelegenheit, ihren Reichtum und ihr Ansehen
vorzuführen. Wie schön war das Zuschauen, wenn die grossen Mädchen
sich im Verborgenen mit Freunden trafen, einander umarmten und leidenschaftlich
küssten… Die Nonna jedoch, wusste stets, was richtig war. Sie
regelte das Alltägliche und Notwendige.
Joli Schubiger-Cedraschi ist 1935 in Zürich geboren. Sie kam mit
vier Jahren zu ihren Grosseltern im Tessin, bei denen sie die einprägsamste
Zeit ihrer Kindheit verbrachte. Sie lebt heute in Uster und arbeitet als
Restauratorin für Private und Museen. Der Bericht ihrer Kindheit
entstand in Gesprächen mit Jürg Schubiger. Er fragte und schrieb
auf. Sie erzählte. – Der Limmat Verlag führt in seinem
Programm weitere Bücher, die als menschliche und volkskundliche Dokumentationen
des Tessins von unschätzbarem Wert sind.
Elisabeth
Bardill
Gerda Muller, Jetzt sind auch die Kirschen reif. Wokommen
all die Früchte her
Moritz Verlag
40 Seiten Fr. 21.30 Info/Bestellen
Jetzt sind auch die Kirschen reif! Wo kommen all die Früchte
her?
Gartenfreuden sind wieder angesagt. Wenn Erwachsene die Kinder mit einbeziehen,
ist das eine Chance für das Naturverständnis der kommenden Generation.
Die holländische Bilderbuch-Illustratorin Gerda Müller lässt
mit 90 Jahren ihre Menschenkenntnis, ihre Liebe zu Kindern, ihr Wissen
und Begreifen der Natur aber auch ihr pädagogisches Geschick in ihre
Gartenbücher einfliessen. Das ländliche Leben, der Garten, in
dem gearbeitet, beobachtet und geerntet wird, macht sie zu einem grossen
Thema für Kinder: „Ich habe mein ganzes Leben lang für
Kinder gezeichnet, nicht für Eltern oder Verleger. Wenn ich allein
in meinem Atelier arbeite, spüre ich die Anwesenheit eines Kindes,
das mir zuschaut und mich oftmals lenkt.“ – Im neuesten Buch
gewinnt man genau diesen Eindruck. Es sind Kinder, die im Garten werken,
Obst pflücken oder Kastanien einsammeln. Im Bild sind Begebenheiten
zu sehen. Die Gartengrasmücke pickt das Fruchtfleisch aus der Feigenschale.
Deshalb nennt man ihn auch Feigenschnabel. Was täten wir nur ohne
Bienen? Was geschieht mit dem Kirschkern, so dass ein neuer Baum wachsen
kann? Kinder bekommen Antworten.
Gerda Müller hat nach dem Buch „Ein Jahr in Opas Garten“
das biologische Wissensgebiet erweitert. Im Supermarkt gibt es heute so
viele Früchte, Beeren und Nüsse, die auf andern Kontinenten
in anderem Klima wachsen. Olive, Mango, Dattel, Banane, Litschi…
hat „die weise Lehrerin“ in das Buchprojekt aufgenommen. Geschichten-,
Schul- oder Sachbuch? Auf alle Fälle ist es etwas vom Schönsten,
was im Buchhandel zu haben ist.
Die Künstlerin lebt in Paris. Ihre Bücher erschienen in vielen
Sprachen. Sie selber schreibt in Französisch „La Fête
des Fruits“ heisst der neue Titel. Sowohl Gärtner, Pädagoge
und Biologe haben Bild und Text wissenschaftlich lektoriert. Das Buch
ist für Kinder und Erwachsene, es enthält eine klare, warmherzige
Botschaft.
Elisabeth
Bardill 27. März 2017
Elisabeth Bardill
Elisabeth Bardill-Meyer kam 1941 im aargauischen Auenstein zur
Welt und wuchs danach in Küsnacht am Zürichsee auf. Nach der
Ausbildung zur Kindergärtnerin an der Neuen Mädchenschule Bern
war sie in Bubendorf BL tätig. Nach der Heirat mit einem Bündner
Lehrer zog sie nach Tenna ins Safiental und später nach Schiers.
Sie hat vier Söhne und fünfzehn Enkel. Während vieler Jahre
unterrichtete sie im Bildungszentrum Palottis Schiers in den Fächern
Erziehungslehre, Werken und Gestalten. Seit 2004 lebt Elisabeth Bardill
mit ihrem Mann wieder in Tenna. Sie arbeitet freischaffend journalistisch
für Zeitschriften, Zeitungen wie auch regelmässig für die
„Terra Grischuna“, schreibt Bücher und gibt diese selber
unter „edition bardill“ heraus. Es handelt sich stets um Porträts
von Menschen in Graubünden.
Elisabeth Bardill, Bauernstolz und Bauerntum
Edition Bardill, 2008 Fr. 35.00
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