Die Journalistin Elisabeth Bardill-Meyer aus 7106 Tenna im Safiental hat mir die Erlaubnis gegeben, ihre Buchbesprechung hier abzudrucken:

Nina Zumthor, Die Frau des Direktors. Annelise Leu, die Schweizer
Hotelpionierin
Verlag elfundzehn
200 Seiten Fr. 29.90 bitte mit Mail bestellen



Die Frau des Direktors, Annelise Leu
Die Hotelpionierin erzählt aus ihrem langen Leben. Nina Zumthor, hat es verstanden, ihre Grossmutter zu ermutigen, über ihre Emanzipation in Hotellerie und Privatbereich zu sprechen. Ein spannendes Buch ist entstanden.

Annelise Liniger wurde 1931 geboren. Ihre Mutter stammte aus wohlhabender Familie in Berlin, ihr Vater war in Basel aufgewachsen, war Ingenieur und arbeitete als Spezialist des Turbinenbaus. Die Familie lebte hauptsächlich in Basel. Annelise empfand sich als Aussenseiterin. Sie sei ein aufsässiges Kind gewesen, das sich gegen jegliche Konventionen sträubte. „Am schlimmsten war es zu spüren, dass ich als Mädchen weniger wert war. Diese omnipräsente Dominanz der Männer, die prägte mich stark.“ Der Nazigeist war im Nachbarland Deutschland schon vor Kriegsbeginn 1939 weit verbreitet. Als Annelise und ihre Schwestern am 1. September von der Schule nach Hause kamen, sass ihre Mutter vor dem Radio und weinte. Aus dem Lautsprecher ertönte Geschrei und Getöse.
Die Kinder- und Jugendjahre von Annelise Liniger, mit Details jener Zeit angereichert, erstehen im Buch äusserst lebendig. Tanzschule, Pfadi, Hosen bei Schneewetter, Duschen in der Schule, Pausenmilch… Eindrücklich beschrieben sind der Einstieg ins Berufsleben nach der Ausbildung an der Hotelfachschule in Lausanne und die Liebesgeschichte mit Hans Leu. Heirat und Mutterschaft während harter Zeiten im Gastgewerbe, Trennungen durch Anstellungen in verschiedenen Betrieben waren von Umzügen und Improvisationen in unzulänglichen Wohnungen geprägt. Bekannt wurden die Leus durch ihre sensationelle, ideenreiche Führung des Hotels „Arosa Kulm“. Es war vor allem Annelise, ja eben nur die Frau des Direktors, welche die Fäden in den Händen hielt.
Nach der Scheidung, ja ungefähr mit 50 Jahren, fing das eigene Berufsleben der erfahrenen Frau in gewisser Weise nochmals von vorne an. Ein selbständig geführtes, eigenes Luxushotel am Murtensee und vieles mehr, brachten Freiheit im beruflichen wie privaten Feld. – Das neue Buch führt in ehrlicher, unsentimentaler Weise hinter die Kulissen der Hotellerie, wo Hektik und Beziehungsprobleme den Alltag trüben können. Das Familienleben findet oft nur am Rande statt. Eine Dauerüberforderung führte bei Annelise zu Ausstieg und Neuorientierung. Die Hotelpionierin führt mit ihrer Enkelin, der Historikerin, sowohl hinters Licht wie ins Licht einer selbstbestimmten Lebensform. „Aisi“ ist die erste diplomierte Hotelière der Schweiz.

Tenna, 20. Januar 2017 empfohlen von Elisabeth Bardill

Elisabeth Bardill

Nina Zumthor ist 1982 in Chur geboren und auch dort aufgewachsen. Sie studierte an der Universität Zürich Allgemeine Geschichte, Publizistik und Linguistik.
Heute lebt die freischaffende Historikerin mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Chur. Die Biografie über ihre Grossmutter ist Nina Zumthors erste Publikation.