Die Journalistin Elisabeth Bardill-Meyer aus 7106 Tenna im Safiental hat mir die Erlaubnis gegeben, ihre Buchbesprechung hier abzudrucken:


Franziska Greising,
Am Leben
Zytglogge Verlag
500 Seiten Fr. 38.00 Info/bestellen


„Die Kinder dürfen zurückkehren…“


Im Süden Frankreichs lebten von 1940 bis 1944 hundert jüdische Kinder aus Deutschland und Österreich in einem heruntergekommenen Landschloss. „Am Leben“ heisst der Roman, der eigentlich keiner ist, von Franziska Greising.
Die Unerschrockenheit der Glarnerin Rösli Näf, die später die Auszeichnung „Gerechte unter den Völkern“ bekam, ist Thema der Geschichte. Diese basiert auf Dokumenten, Fotos, Briefen und Literatur über das Zeitgeschehen während des Zweiten Weltkrieges. Als Rose ihre Stelle unter dem Schirm „Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für kriegsgeschädigte Kinder“ in einem Ort nahe bei Toulouse antrat, lebten rund hundert Kinder unter grossen Entbehrungen in einem Ziegenstall. Es waren Kinder, die von ihren jüdischen Eltern einer wohltätigen Einrichtung in Belgien übergeben wurden, da man glaubte, diese vom Schlimmsten bewahren zu können. Für viele Menschen gab es kaum ein Versteck vor der nationalsozialistischen Verfolgung, es blieb die Reise übers Meer. Doch Visa wurden nur für Erwachsene ohne Kinder ausgestellt.
Die Kinder hatten bald auch in Belgien kein Bleiberecht mehr und man verschob sie ins noch unbesetzte Frankreich. Rose kam als Direktorin in die Leitungshierarchie des improvisierten, verelendeten Heims, wo sie sich mit Erneuerungen durchzusetzen hatte. Es ging um Hygiene, Ernährung und Schulunterricht. Sie erlebte den Umzug ins „Chateau de la Hille“. Das Schloss wurde von den erwachsenen Helfern und den Kindern bewohnbar gemacht. Dem Gemüsegarten kam grosse Bedeutung zu. Der Mangel an den elementarsten Dingen war auch hier zu spüren. Die Sicherheit war trügerisch. Eines frühen Morgens wurden die grösseren Kinder von einem Polizeiaufgebot abgeholt, um Angst und Schrecken zu erleben …
Rose machte Fehler und musste dafür gerade stehen. Sie traf Entscheidungen, die Leben oder Tod bedeuten konnten. Es gelang ihr und ihren Nachfolgern nicht, alle Kinder heil durch die Kriegsjahre zu bringen. Enttäuschungen bei Gesprächen mit Verantwortlichen in der Schweiz, wo man lange die Augen vor dem Kriegselend schloss, setzten ihr zu. Manches gelang ihr, so die Rückkehr der Kinder aus dem Lager, von wo aus die Deportationszüge in den Osten abfuhren. Sie erlebte Kinder, die im Spiel aufblühten, die lernbegierig waren und nach Bedarf überall anpackten. Das Erwachen der Liebe bei Jugendlichen und deren Hoffnung auf eine bessere Welt waren Lichtblicke für das Führungsteam.
Die Autorin Franziska Greising, geboren 1943 in Luzern, hat mit grosser Einfühlung die Realität von Menschen in besetzten Gebieten, die keinen Status haben, geschildert. Die Gründe von Eltern, ihre Kinder in Sicherheit zu bringen, hat sie in die Geschichte eingewoben. Das Buch behandelt ein aktuelles Thema. Es liest sich wie ein Roman, ja setzt ein Zeichen über Macht und Elend, über Liebe und Kraft in unsicheren Zeiten.

Elisabeth Bardill




 

Archiv
Juni 2002 Enrico Danieli
Juli 2002 Bernhard Gurtner
August 2002 Erhard Taverna
September 2002 Hansruedi Gehring
Oktober 2002 Bernhard Gurtner
Januar 2003 Hans-Jakob Schmid
Februar 2003 Alfred Bollinger
März 2003 Bernhard Hess
April 2003 Erhard Taverna
Mai 2003 Jürg Steiner
September 2003 Enrico Danieli

Dezember 2003 Christian Scholz
Januar 2004 Katharina Zaugg
Februar 2004 Werner Müller

März 2004 Enrico Danieli
April 2004 Kurt Jenny
Dezember 2005 Bärbel Schnegg
Februar 2006 Martin Müller
Oktober 2006 Michael Ritter, Wien
August 2007 Michael Ritter, Wien
Oktober 2007 Bernadette Reichlin, Wald
Januar 2008 Fritz Coester, Wimmis
März 2008 Rolf Wesbonk, Stäfa
April 2008 Kurt Knobel, Stäfa
Mai 2008 Lotti Klaiber, Bern
Juli 2008 Rolf Wesbonk, Stäfa
September 2008 Annette Frommherz, Bubikon
Januar 2009 Peter Schindler, Zürich
Juni 2009 Almut Meier-Weinand, Zürich
Juli 2009 Paul Ott, Bern
Dezember 2009 Peter Wehrli, Bern
Februar 2010 Bernadette Reichlin, Wald
Mai 2010 Alfred Bollinger, Stäfa
Juli 2010 Bernadette Reichlin, Wald
Oktober 2010 Iris Schäppi, Stäfa
Januar 2011: Bernadette Reichlin, Wald

März 2011: Bruno Kesseli, Basel
Mai 2011: Martin Ebel, Zürich
März 2012: Urs Faes, Zürich
April 2012:
Bernadette Conrad, Zürcher Oberländer, Wetzikon
Juli 2013: Christian Jossi, Winterthur
Juli 2014: Bruno Kesseli, Basel
September 2014: Jürg Brändli, Wald
April 2015: Hans-Peter Müller, Thun
Mai 2015: Diana Kirch, Zürich
Juli 2015: Jens Martignoni, Wald



OBEN
ZURÜCK ZUR STARTSEITE