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Im
Januar 2013, an einem Anlass des Wörterseh Verlages, sass ich gegenüber
von Urs Rauber. Im Laufe des Gespräches entdecken wir unsere gemeinsame
Leidenschaft für die Bücher und er erzählte mir, dass er
als Redaktor für die Beilage "Bücher am Sonntag" der
NZZ verantwortlich sei. Mit seiner Einwilligung kann ich jetzt seine Besprechungen
hier übernehmen. Ganz herzlichen Dank!
Da
ist nun die Besprechung vom 29. Juni 2014
Volker
Weidermann, Ostende. 1936, Sommer der Freundschaft
Kiepenheuer & Witsch
160 Seiten Fr. 25.40
Der
belgische Badeort Ostende war vor dem
Zweiten Weltkrieg ein Treffpunkt deutschsprachiger Exilschriftsteller
Zwischenstopp am Meer
Zu den vielen Stationen des Exils, in dem sich vor dem Nationalsozialismus
flüchtende Künstler begegneten, gehörte auch der belgische
Badeort Ostende. Hier an der Nordseeküste trifft sich im Juli 1936
ein Kreis um Stefan Zweig. Dieser hat am gleichen Ort schon den Ausbruch
des Ersten Weltkriegs 1914 erlebt. Jetzt, 22 Jahre später, ist der
Verfasser von «Sternstunden der Menschheit» und zahlreicher
Porträts und Novellen zum Weltstar geworden. Zweig reist mit Schreibmaschine
und Sekretärin Lotte Altmann an, die er später heiratet. Seine
Bücher werden in Deutschland nicht mehr gedruckt, sein Plädoyer
für Toleranz und Verständigung stösst unter Emigranten
deshalb auf Unverständnis.
Der österreichische Autor ist in einer Schaffenskrise, müde,
gereizt und leidet unter Depressionen.
Zu neuem Lebensmut verhilft ihm Joseph Roth, aus Galizien kommend, dessen
Bücher «Hiob», «Radetzkymarsch» und andere
von den Nazis verbrannt werden. Der gesellige, erzählfreudige Hotelbewohner
und Trinker Roth ruft zum Widerstand auf. Die beiden sind seit
langem befreundet; Zweig unterstützt den kommerziell wenig Erfolgreichen,
kauft ihm Anzüge, bezahlt Hotelrechnungen und stellt sich als kritischer
Gegenleser seiner Texte zur Verfügung.
Sie pflegen «ein liebevolles Gleichgewicht zwischen Freundschaft,
Neid, Bewunderung, Abhängigkeit, Liebe, Besserwisserei und Eifersucht».
Zur Dritten im Bunde wird die «Asphaltliteratin» Irmgard Keun,
eine selbstbewusste schöne junge Frau im Pelz, ebenfalls Trinkerin,
deren erster Roman «Gilgi, eine von uns» (1931) sie sofort
berühmt gemacht
hat. Kurz nach ihrer Ankunft verliebt sich die nazikritische Arierin in
den traurigen Juden Joseph Roth.
In eleganten Sätzen schildert Volker Weidermann, Feuilletonchef der
«Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung», die schicksalshaften
Begegnungen und Gespräche, skizziert meisterhaft Charaktere und Äusserlichkeiten
dieser Kreativen, beschwört die Stimmung des drohenden Krieges herauf.
Das erzählende Sachbuch stützt sich ab auf Briefe, Tagebücher,
Werke der Porträtierten und Gespräche mit Nachkommen.
Zweig und Roth werden Mittelpunkt eines ebenso exzentrischen wie illustren
Kreises deutschsprachiger Literaten: «der scheinbar immer frohe
Hermann Kesten, der Prediger Egon Erwin Kisch, der Bär Willi Münzenberg,
die Champagnerkönigin Irmgard Keun, der grosse
Schwimmer Ernst Toller, der Stratege Arthur Koestler. Freunde, Feinde,
von einer Laune der Weltpolitik in diesem Juli hierher an den Strand geworfene
Geschichtenerzähler. Erzähler gegen den Untergang.»
Viel Interessantes erfährt man beiläufig: etwa über den
roten Pressezaren Willi Münzenberg und seine Begleiter; den Budapester
Arthur Koestler; den rasenden Reporter Egon Erwin Kisch und all die Andern,
die sich an einem Juliabend des Jahres 1936 im Café Flore mit
Blick aufs Meer treffen. Dann gehen sie auseinander: Zweig nach Brasilien,
Kisch nach Prag, Koestler nach Spanien, Toller in die USA, Kesten nach
Paris, Roth und Keun nach Lemberg.
Vier Jahre später wird Ostende von deutschen Truppen eingenommen,
1944 durch alliierte Luftangriffe beinahe vollständig zerbombt. Ostende
gibt es nicht mehr – nur eine neue Stadt gleichen Namens. Weidermanns
Bändchen weckt den verschwundenen literarischen Exilort
nochmals zum Leben – so eindringlich, als ob man an diesem Sommerabend
1936 mit im Lokal sässe und die Stimmen hörte, das Lachen, die
Rufe und die klirrenden Gläser der Autorenrunde. Eine wahre Trouvaille!
Urs Rauber
Volker Weidermann, 1969 in Darmstadt geboren, studierte Politikwissenschaft
und Germanistik in Heidelberg und Berlin. Er ist Literaturredakteur und
Feuilletonchef der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung und lebt in
Berlin. Von ihm erschienen bei Kiepenheuer & Witsch: Max Frisch. Sein
Leben, seine Bücher (2010), Das Buch der verbrannten Bücher
(2008) und Lichtjahre (2006). Mit
Lichtjahre. Eine kurze Geschichte der deutschen Literatur von 1945 bis
heute feierte er im Frühjahr 2006 einen phänomenalen Erfolg
beim Publikum und löste eine leidenschaftliche Debatte im Feuilleton
aus.
Urs Rauber
(* 1948 in Breitenbach SO) ist ein Schweizer Journalist und Schriftsteller.
Rauber besuchte
die Stiftsschule Einsiedeln und immatrikulierte sich anschliessend für
ein Studium der Geschichte, Publizistik und Neueren deutschen Literatur
an der Universität Zürich sowie der Ludwig-Maximilians-Universität
München. Dieses konnte er 1985 mit einer Dissertation über Schweizer
Industrie in Russland und damit verbundener Promotion abschliessen.
Erste journalistische
Erfahrungen sammelte Rauber bei einer Gewerkschaftszeitung. 1987 erhielt
er eine Anstellung beim Schweizerischen Beobachter. Für diesen arbeitete
er bis 2001 als Redaktor, ehe er in gleicher Funktion zur NZZ am Sonntag
wechselte. Zusätzlich obliegt ihm dort auch die Verantwortung für
die Beilage «Bücher am Sonntag».
Urs Rauber
ist verheiratet, hat zwei Söhne und lebt in Zürich.
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Urs
Rauber, Eufemia. Indianisches Kraftrwerk am Uetliberg
Xanthippe
107 Seiten Fr. 34.00 |
«Alles,
was ich mit Hingabe mache, erfüllt mich mit Freude und einem
Gefühl von Freiheit», sagt Eufemia Stadler und ergänzt:
«Ohne Leiden gibts nichts Grosses im Leben.»
Und Grosses
gibt es im Leben der kleinen Frau ohne Ende: Sie ist nicht nur Weltrekordhalterin
im Dauerbügeln, sondern auch Marathonläuferin, Unter nehmerin,
Sozialarbeiterin, Waffenläuferin, Nierenspenderin… Und
sie führt eine therapeutische Wohngemeinschaft im Zürcher
Triemli.
Mutter
Teresa oder Powerlady mit Hang zur Selbstdarstellung? Urs Rauber
hat sich der aussergewöhnlichen Frau mit grosser Empathie und
Neugierde genähert und eine fesselnde Biographie über
die gebürtige Costa Ricanerin geschrieben, die seit 30 Jahren
in der Schweiz lebt.
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Besprechung
vom 27.1.2013
Besprechung vom 24.2. 2013
Besprechung vom 28.4.2013
Besprechung vom 26.5.2013
Besprechung vom 25.8.2013
Besprechung vom 24.11.2013
Besprechung vom 26.1.2014
Besprechung vom 23. 2.2014
Besprechung vom 30.3.2014
Besprechung vom 27.4.2014
Besprechung vom 25.5.2014
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