Rolf Wesbonk hat für Sie dieses Buch gelesen: David Peace, Tokio im Jahr Null Verlag Liebeskind 408 Seiten Fr. 37.90 Vom
Grauen in Tokio im Jahr Null „Der Mann mit den feuchten Lippen lächelt nun nicht mehr, er ist nicht länger freundlich, dieser Mann mit den spitzen Zähnen und dem gierigen Blick. Seine feuchten Lippen flüstern dir ins Ohr, was er von dir will, in diesem Wald oder in dem Graben, er sagt dir ganz genau, was er will, und du wendest dich ab, auf dieser schmalen Strasse neben den menschenleeren Feldern, unter dem dunklen Berg und dem schwarzen Wald. Er legt dir eine Hand um den Hals und schiebt die andere zwischen deine Beine. Du weißt genau, was er will, und du versuchst ihm zu sagen, er könne es sich nehmen, du bittest ihn darum, du flehst ihn an, es sich zu nehmen und dich dann in Ruhe zu lassen, dich bitte allein zu lassen, bitte.“
Inspektor Minami sieht das Grauen vor sich. Er kann sich vorstellen, wie der Mörder die junge Frau gequält und schliesslich getötet hat. Er hat eine Ahnung, wie der Täter vorgeht, denn er ist ihm auf der Spur. Er jagt den Serienmörder in der schrecklichen Kulisse einer Stadt, die in Schutt und Asche liegt. Es ist die Stadt Tokio im Jahr Null. Es ist eine Metropole, ein Land, wo nach der Kapitulation Japans Ordnung sowie Gesetze nur noch Fremdwörter sind, wo jeder sich nimmt, was er kriegen kann. Das gilt auch für Inspektor Minami, auf dessen Schultern eine schwere Schuldenlast liegt.
Der englische Autor David Peace hat mit „Tokio im Jahr Null“ einen verstörenden Roman geschrieben. Es geht in diesem Band um viele Dinge – nicht zuletzt um den authentischen Fall des Frauenmörders Kodaira Yoshiu. Man verspürt beim Lesen Düsternis, Traurigkeit, Entsetzen. Aber man liest atemlos, ist fasziniert. Jemand hat einmal geschrieben: „David Peace fordert vom Leser eine enorme Aufmerksamkeit.“ Dem ist wenig beizufügen, Rolf Wesbonk
Rolf
Wesbonk, Stäfa
|