Buchbesprechungen von Cornelia Böhler

Hin und wieder werden Sie hier eine Buchbesprechung lesen, die von der Autorin und Journalistin Cornelia Böhler, Maur, verfasst ist. Sie versucht uns Frauen nahezubringen, Autorinnen, Persönlichkeiten und Geschichten vorzustellen, die nicht nur Frauen etwas zu sagen haben.


Schattierungen von Grau - Hommage an eine Zürcher Persönlichkeit. Hrsg. von der langjährigen Partnerin Charlotte Heer Grau.
Gestaltung Schätti - Lehmann, Zürich
Verlagshaus am Friesenberg, Zürich
286 Seiten Fr. 39.00 bitte mit Mail bestellen


Buchbesprechung von Cornelia Böhler


Unser aller „Mäni“ aus dem Film „Oberstadtgass“
Schattierungen von Grau - Hommage an eine Zürcher Persönlichkeit

Fünf Jahre nach seinem Tod ist über Jürg Grau ein Erinnerungsbuch mit zahlreichen Fotos herausgekommen, das berührt. Vierzig seiner besten Freunde, Lebens- und Arbeitsgefährten und - Gefährtinnen haben ihre Erinnerungen preisgegeben auf Initiative der Partnerin, Journalistin und Autorin Charlotte Heer Grau. Es war sicher nicht leicht, aus der Fülle der Emotionen, Anekdoten und im Detail abgefassten Berichten ein Buch herzustellen. Es ist gelungen dank einer strengen Gliederung und einem in roten Buchstaben gedruckten Faden der Ariadne von Charlotte selbst, die intelligent und mit eigenen Erinnerungen vermischt das Ganze zusammenhält. Sie ist nicht nur Herausgeberin, sondern hat gleich einen Verlag für das Buch gegründet, weil sie es genau so machen wollte, wie ich es nun in den Händen halte. Schönes Titelblatt mit Foto aus den siebziger Jahren, als alle Männer verspielt und romantisch aussahen mit langen Backenbärten und Haaren, doch zugleich erfolgreich wurden in Beruf - Jürg war Architekt - und Familie. Ja, Jürg Grau wäre dieses Jahr siebzig geworden, hätte ihn nicht eine bösartige Krankheit 6 Monate nach seiner Frühpensionierung hinweggerafft. Der Schmerz, der Verlust, das für uns Unfassbare, der Tod, kommt vor in diesem Buch - wird nicht verneint angesichts dieser Tatsache. Damals schrieb jemand, dass die Musik von Jürg etwas ersetzen werde, was nicht stimmen kann, denn alle, die sterben sind nicht auswechselbar. Ein talentierter, suchender Musiker war Jürg schon bevor er Zwanzig wurde, dies bezeugen Berichte im Buch von Irène Schweizer und anderen Mitmusikern. Am legendären Jazzfestival im Kino Urban und Corso stand er schon auf der Bühne mit seiner Trompete in engen Hosen immer noch mit den Kinderlocken wie in den Filmen. Damals sass noch Stadtpräsident Emil Landolt in der vordersten Reihe, als Preise winkten Nylonhemden oder Zigaretten! Ein Zürcher Ereignis, das Jazz-Festival. Jürg Grau wirkte als Musiker an vorderster Front in verschiedenen Bands. Seine Suche, immer wieder etwas Neues auszuprobieren war seine Stärke, doch er gab sich zugleich immer bescheiden, ja geradezu verweigernd in Bezug auf Tonträger, er wollte Musik machen „bei den Leuten“. Und so ist ein Buch entstanden, das versucht alle Facetten der Persönlichkeit von Jürg Grau zu zeigen - es ist gelungen - denn was nützt uns ein Lebenslauf, eine Biografie, die nur als Chronik dasteht und den Menschen dahinter nicht erfasst. Danke, Charlotte!

 

Jürg Grau, Architekt, Jazzmusiker und – in seinen frühen Jahren – Kinderstar Mäni im Film Oberstadtgass von Regisseur Kurt Früh, ist kurz nach seiner Frühpensionierung am 20. März 2007 gestorben. Genau dann, als er endlich Zeit gehabt hätte, für all die Musik, die er »noch im Ranze hatte«. Jürg Grau hat als Gestalter über Jahrzehnte den öffentlichen Raum der Stadt Zürich mitgeprägt, als Jazzmusiker hat er mehr als einer Generation von Musikerinnen und Musikern gezeigt, was Groove bedeutet. Er hat viele und viel bewegt. Er hat Farbe und Musik in seine Stadt getragen, er hat Spuren hinterlassen. Er war eine Ausnahmeerscheinung.

 

 

Cornelia Boehler wurde 1943 in Zürich geboren
Aufgewachsen im kinderreichen Quartier Friesenberg. Mit vierzehn Tagebuch für die Jugendseite des Tages-Anzeigers Zürich, Handelsschule, Tätigkeit im Marketing. Redaktionsmitglied der Gemeindezeitung, Korrespondentin beim Anzeiger von Uster.


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