Ist
eine Kleinstadt ein Hort der Langeweile und des Spiessertums? So jedenfalls
sieht das der Schriftsteller Carl Wallot, den eine Lesung in die Kleinstadt
Merzthal verschlägt. Er entschliesst sich, ein paar Tage länger zu verweilen,
denn er hat Witterung aufgenommen für einen weiteren Romanstoff. Da ist
der örtliche Patriarch, Chef einer Fabrik für Apparatebau. Dieser ist
nicht nur als Arbeitgeber mächtig, sondern auch ein grosszügiger Förderer
der Gemeinde und wegen zweifelhafter Lieferungen in den nahen Osten auch
als zwielichtige Figur berühmt-berüchtigt. Wallot lernt seine jüngere
Frau kennen und die beiden sind einander mehr als nur zugeneigt. Die Leute
im Ort stellen ihre eigenen Vermutungen an. Selbst in die Lokalredaktion
der Zeitung reicht der lange Arm des Industriellen, so dass auch der aufgeweckte
Journalist Froberger Wallots Ansinnen mit einer Mischung aus Misstrauen
und Skepsis, später dann auch mit einer gehörigen Portion Neugierde begegnet.
Wallot stösst bei seinen Recherchen auf eine Mauer des Schweigens und
muss sich sogar handgreiflicher Attacken erwehren. Dass dann jemand zu
Tode kommt, womit niemand gerechnet hat, bringt Wallot zusehends in arge
Bedrängnis. Hans Werner Kettenbach hat ein beeindruckendes, von grosser
Beobachtungsgabe zeugendes, atmosphärisch stimmiges Kleinstadtpanorama
gezeichnet. Als Leser atmet man die muffige Merzthaler Provinzluft ein
und fühlt förmlich die explosive Mischung aus Argwohn und Borniertheit,
die Wallot aus allen Ecken des Ortes entgegenschlägt. - eine gefährliche
Vorstufe der gewalttätigen Fremdenfeindlichkeit. Kettenbachs flüssiger
und daher spannender Sprachstil garantiert Lesevergnügen pur.
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