Die Journalistin Elisabeth Bardill-Meyer aus Tenna im Safiental hat mir die Erlaubnis gegeben, ihre Buchbesprechungen hier abzudrucken.


Vier neue Buchbesprechungen für Sie:

Andreas Caminada, Pure Leidenschaft
Aline Valangin, Tessiner Erzählungen
Peter Kamber, Geschichte zweier Leben. Wladimir Rosenbaum und Aline Valangin
Nicolete Bohn, Florence Nightingale



Andreas Caminada,
Pure Leidenschaft
AT Verlag
216 Seiten Fr. 39.90 Info/Bestellen

Andreas Caminada in Fürstenau


Seine einfache Küche – seine pure Leidenschaft

Das Kochbuch mit Hintergrund und Tiefgang. Die gelungene Verknüpfung von Kochkunst, Landschaften, Menschen, Tieren und Naturprodukten ist Inhalt des Buches «Andreas Caminada». Dieser Buchband mit Fotografien von Gaudenz Danuser, Texten von Alexander Kühn und Gestaltung von Remo Caminada ist hochkarätig in der gesamten Ausführung. Auch beim vielen Anschauen, Lesen und Durchblättern hält es in buchbinderischer wie inhaltlicher Hinsicht was es verspricht. «Das Kochbuch soll eine Verneigung vor der Einfachheit und dem Handwerk sein. Eine Ermutigung, auch die bescheidensten Dinge mit der gebotenen Achtung zu behandeln.» Wir stossen auf einfache Grundrezepte, auf Kombinationen mit dem, was vorhanden ist und eine zeitlose Bedeutung vor und nach dem Zeitalter der Supermärkte hat. Gemüse, Obst, Cerealien, Milchprodukte, Fleisch, Pilze, Beeren, Nüsse und unscheinbare Wegrandpflanzen aus der Alpenregion Domleschg werden erwähnt. Sie schärfen den Blick auf die Kostbarkeiten im Umfeld. Tipps für geschmackliche Veränderungen durch traditionelle Techniken wie Fermentieren oder Einmachen in Essig fehlen nicht. Sanddorndrink, Brotsuppe, Pastinakenpuree, Sauerrahmglace mit Blütensirup oder Petersiliengnocchi sind fotografisch sichtbar gemacht und das jeweilige Rezept ist auch dabei.
Auch den Wegen durch Graubünden und in die Fremde ist ein Kapitel gewidmet. Die Lage im Herzen Europas machte die Alpenregion schon vor unserer Zeitrechnung zur Brücke zwischen Oberitalien und dem süddeutschen Raum. Trotz beschwerlichen, risikoreichen Wegen lockten satte Gewinne sowohl Händler wie eroberungshungrige Feldherren durch die Alpentäler und über die Pässe. Seltene Spezereien fanden den Weg in die Herrschaftsküchen und allmählich in die des Volkes. Es bildeten sich seit jeher Formen des Gast- und Speditionsgewerbes heraus. Der alpine Garten von Fels, Wasser, Wald und Wildwiesen gestaltet, wird bildlich dargestellt. Flora und Fauna gehören nicht nur ins Bild, sondern zu den Rezepten der Kochkunst von Andreas Caminada und seinem Team im Schloss Schauenstein, Stadt Fürstenau im Domleschg.
Tenna, 29. April 2020
Empfohlen von Elisabeth Bardill





Aline Valangin, Tessiner Erzählungen

Limmat Verlag
320 Seiten Fr. 36.50 Info/Bestellen


Tessiner Erzählungen

Aline Valangin öffnet mit ihren Erzählungen unbekannte Türen. Ein Stück Leben von Bewohnern des vergangenen Jahrhunderts im Onsernonetal finden wir in den Geschichten wieder. Wir lernen Frauen kennen, welche die Härten des Lebens zu spüren bekamen und zu ertragen hatten. Schlaumeier, Revoluzzer, Trinker und Aussenseiter sorgten immer wieder für Aufregungen. Die Beschreibungen von Menschen auf dem Lande entstanden in der Beobachtung der Umgebung eines Tessiner Bergdorfes. Aline Valangins Vermächtnis verdanken wir Einblicke in die Zeit vor den grossen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen des Tessins. Ab 1936 lebte die Schriftstellerin mit ihrem Mann in Comologno. Sie erwarben den «Palazzo della Barca», ein Haus das in der Abgeschiedenheit des engen Tales als Juwel gerühmt wird. Das Ehepaar beherbergte viele illustre Gäste. Mit ihren Erzählungen konnte die Hausfrau durch Vorlesen die langen Abende verschönern. Ihre Sichtweise wurde geprägt von einer selbstbewussten Haltung, von einer weltgewandten Dame, die durch Hin- und Zuwendung einen gewissen Grad an Zugehörigkeit zu den Dorfleuten gewann. Mit Ihrer Erzählform wahrte sie Distanz, indem sie sich selber in der dritten Person Einzahl, als «die Sciora» darstellte. Der Wald hat sich ausgebreitet, Gestrüpp überwuchert verfallene Wirtschaftsgebäude, Terrassenäcker und steinige Wege. Gerade deswegen enthalten die Geschichten über Teresa, Stella, Carlo der Narr, das Testament oder die Nähmaschine eine Wahrheit, die nichts mit verklärter Tessiner-Idylle zu tun hat.

Zur Autorin
Comologno, das Dorf im Onsernonetal ist Schauplatz der Geschichten. Hier lebte die Publizistin und Schriftstellerin Aline Valangin von 1936 bis zu ihrem Tod als 96-jährige im Jahr 1986. Aufgewachsen war sie in der Westschweiz. Sie wird heute als hervorragende Schriftstellerin erkannt und verehrt. Zu verdanken ist das dem Roman von Eveline Hasler „Aline und die Erfindung der Liebe“, der vor Jahren auf dem Buchmarkt erschien. Zudem ist die Zeit gekommen, wo die Tessiner sich selbst entdecken, ihre Naturlandschaften, ihre bäuerliche Herkunft, ihre Kultur.
Tenna, 29. April 2020
Elisabeth Bardill




Peter Kamber,
Geschichte zweier Leben. Wladimir Rosenbaum & Aline Valangin
Chronos Verlag
192 Seiten Fr. 38.00 Info/bestellen


Geschichte zweier Leben
Wladimir Rosenbaum und Aline Valangin

Das Porträt eines Mannes und einer Frau, deren Liebesgeschichte das historische Psychogramm einer ganzen Epoche in sich birgt, ist eine wahre Fundgrube für solche, die sich auf der Spurensuche der geistigen Welt des letzten Jahrhunderts befinden. Der Kanton Tessin wurde beliebter Ort, wo Freiheitsliebende sich ungestört ausleben konnten. Fern der grossen Kriegsschauplätze begegneten sich Berühmtheiten im abgelegenen Onsernonetal, in Locarno, Ascona, auf dem Monte Verità.

Das eigentliche Alltagsleben des Paares Rosenbaum-Valangin spielte sich im Zürich der dreissiger Jahre an der Stadelhoferstrasse im „Baumwollhof“ ab. Ihr Haus war Salon der künstlerischen Avantgarde und Zufluchtsort für Verfolgte. Wladimir Rosenbaum, war eine Zielscheibe der schweizerisch-faschistischen Zeitung „Die Front“, war Mäzen, Antifaschist und Lebemann. Er hatte als achtjähriges Kind vor den zaristischen Pogromen in Russland fliehen müssen und wurde einer der berühmtesten Schweizer Anwälte seiner Zeit. – Aline Valangin, Pianistin und nach einer Psychoanalyse bei Carl Gustav Jung, Schriftstellerin und Vertraute vieler Autorenkollegen. James Joyce erzählte ihr seine Träume und zu ihren Geliebten gehörten Tucholsky und Ignazio Silone. Die offene Ehe erlebten Rosenbaum und Valangin als erregende Herausforderung der Moderne. – Mit dem Erwerb der „Barca“, eines historischen Hauses im Tessin, hatte für das ungleiche Paar ein neuer Lebensabschnitt begonnen. Das Haus in Comologno steht heute unter Denkmalschutz. Leider ist das Gästebuch mit vielen bekannten Namen verschollen. Doch in ihren veröffentlichten Aufzeichnungen hat Aline Valangin viele dieser Begegnungen beschrieben. Eine Bewegte Zeit während zweier Weltkriege zieht vorüber. Künstlerleben, freie Liebe, Dadaismus und Psychoanalyse, Politik und Gefühle sowie wechselnde Ehegemeinschaften machen die Geschichte zweier Leben auch zu einem spannenden historischen Jahrhunderroman.

Zum Autor
Peter Kamber, geb. 1953 in Zürich, studierte Geschichte und rief noch weitere vergessene Menschenschicksale in Erinnerung. Der Historiker schrieb die Doppelbiografie zweier aussergewöhnlicher Menschen anhand von Passagen aus Tagebüchern, Archivakten und Tonbandprotokollen. Es liegt die 6. Auflage „Geschichte zweier Leben“ vor.
Tenna, 29. April 2020
Empfohlen von Elisabeth Bardill


Nicolette Bohn, Florence
Nightingale. Nur Taten verändern die Welt
Patmos Verlag
176 Seiten Fr. 23.80 Info/Bestellen


«Nur Taten verändern die Welt»


Florence Nightingale lebte von 1820-1910. Am 12. Mai 2020 wurde anlässlich ihres 200. Geburtstages weltweit ihrer gedacht. Die neue Biografie von Nicolette Bohn zeigt auf, wann und warum diese mutige Frau im 19. Jahrhundert die moderne Krankenpflege begründet hatte. Ihr Leben und Werk war von der industriellen Revolution in England, von den Zuständen in Spitälern und von der Stellung der Frau in der viktorianischen Gesellschaft geprägt. Florence Nightingale war Tochter der Oberschicht. Ihre Eltern genossen hohes Ansehen in der Gesellschaft und hegten entsprechende Hoffnungen für ihre beiden Töchter. Eine standesgemässe Heirat wurde angestrebt um das Ansehen der Familie nicht nur zu bewahren, sondern zu steigern. So war es für Florences Eltern unvorstellbar, dass ihre Tochter nicht «ein Engel des Hauses» werden, sondern in Spitälern Kranke pflegen wollte. Durchzusetzen für ihre Passion vermochte sich die junge Frau erst mit 31 Jahren. In jener Zeit herrschten erbärmliche Zustände in den Spitälern. Auch die Rolle der Pflegerinnen galt als abgründig und verrucht. Florence schrieb in ihr Tagebuch, dass die Böden aus fast nie gereinigten gewöhnlichem Holz mit einer Schicht von Unrat bedeckt gewesen seien. Sanitäre Anlagen für Patienten fehlten, geheizt wurde durch ein einziges Feuer am Ende jedes Saales. Die Fenster wurden um der Wärme willen geschlossen gehalten. – Florence Nightingale verfügte über eine ungewöhnlich gute Bildung, starken Galuben, wertvolle Beziehungen zu Freunden ihrer Eltern wie auch organisatorisches Talent, was ihrem Einsatz während dem Krimkrieg zustattenkam. Im Militärlazarett waren bis zu ihrem Eintreffen keine Vorkehrungen für Verwundete getroffen worden. Viele Soldaten starben qualvoll nicht nur an ihren Wunden, sondern durch die unhygienischen Zustände. Mit grossem Einsatz gegen anfänglichen Widerstand der Armeeleitung veränderte Florence Nightingale mit ihren Pflegerinnen die katastrophale Situation nachhaltig. Wieder zurück in England führte unter anderem Nightingales klare Forderung zum Gesetz, welches die staatliche Krankenfürsorge von der Armenfürsorge trennte, was zum Bau spezieller Krankenhäuser führte. Die Unermüdliche gehörte zu den Wegbereitern des Roten Kreuzes. «Krankenpflege ist keine Freizeitbeschäftigung, sie ist eine Kunst. Sie bedarf exklusiver Ausbildung und Hingabe.» – Dank dieser Frau nahm die Professionalität des Berufsfeldes ihren Anfang. Florence Nightingale pflegte, organisierte, verfasste Richtlinien und appellierte an die verantwortlichen Behörden. Sie war eine echte Netzwerkerin. Projekte, die nicht warten konnten finanzierte sie selber. Königin Viktoria stärkte ihr den Rücken.
Tenna, 16. Mai 2020
Empfohlen von Elisabeth Bardill


Elisabeth Bardill


Elisabeth Bardill-Meyer kam 1941 im aargauischen Auenstein zur Welt und wuchs danach in Küsnacht am Zürichsee auf. Nach der Ausbildung zur Kindergärtnerin an der Neuen Mädchenschule Bern war sie in Bubendorf BL tätig. Nach der Heirat mit einem Bündner Lehrer zog sie nach Tenna ins Safiental und später nach Schiers. Sie hat vier Söhne und fünfzehn Enkel. Während vieler Jahre unterrichtete sie im Bildungszentrum Palottis Schiers in den Fächern Erziehungslehre, Werken und Gestalten. Seit 2004 lebt Elisabeth Bardill mit ihrem Mann wieder in Tenna. Sie arbeitet freischaffend journalistisch für Zeitschriften, Zeitungen wie auch regelmässig für die „Terra Grischuna“, schreibt Bücher und gibt diese selber unter „edition bardill“ heraus. Es handelt sich stets um Porträts von Menschen in Graubünden.



Elisabeth Bardill, Männer und Frauen verwurzelt in Graubünden

Edition Bardill
Fr. 30.00 bitte mit Mail bestellen



Elisabeth Bardill, Bauernstolz und Bauerntum
Edition Bardill, 2008 Fr. 35.00 bitte mit Mail bestellen

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