Ein weiterer Buchtipp meines Mannes:


Francis Fukuyama, Identität. Wie der Verlust der Würde unsere Demokratie gefährdet
Hoffmann & Campe
304 Seiten Fr. 27.50 hier bestellen



Francis Fukuyama, Identity.Contemporary Identity Politics and the Struggle for Recognition
Profile books
240 Seiten Fr. 22.60 hier bestellen



Otto's Tipp


Francis Fukuyama: Identität- Wie der Verlust der Würde unsere Demokratie gefährdet. Hoffmann und Campe, Hamburg 2019.

In diesem bereits 2018 bei Farrar, Straus und Giroux in New York auf Englisch erschienenen neuen Buch sucht der Politikwissenschaftler (und Autor von „ Das Ende der Geschichte“) nach den Gründen für den Rückgang der Anzahl demokratischer Staaten zu Beginn des 21. Jahrhunderts.
Spannend ist seine Beschreibung des Spannungsfeldes zwischen Individualismus (ausgehend von Rousseau’s „Träumereien“), populistischem Nationalismus und dem „Thymos“ (aus Platon‘s „Der Staat“), dem Teil der Seele des Menschen, der dauernd nach Anerkennung und Identität strebt. Suche nach Anerkennung, und nicht wirtschaftliche Missstände allein, war auch der Auslöser der französischen Revolution und des Protestes des missachteten Strassenverkäufers in Tunesien 2011.

Demokratie sei nur in bereits bestehenden Nationalstaaten möglich, die den Prozess der Ausgrenzung (zB Ausrottung der Indianer in den USA, der Maori in Australien), linguistischer und kultureller Grenzziehung und der Bildung einer nationalen Identität (wir mit dem Rütlischwur) bereits hinter sich hätten. Die allgemeinen Menschenrechte seien „freiwillig“ und könnten kaum ausserhalb des eigenen Territoriums durchgesetzt werden.

In den Tagen der Wahl von Frau von der Leyen zur neuen EU-Kommissionspräsidentin, wirkt seine EU- Kritik sehr hart: „ die Eliten sprechen von einer immer engeren Union, während die Gespenster der einstigen nationalen Identitäten weiter wie unerwünschte Gäste herumlungern“. Die Einwanderung, vor allem von muslimischen Migranten, sei die grösste Herausforderung für Europa. Der Multikulturalismus habe bisher ja vor allem in den USA (mit nur 13% im Ausland geborenen Einwohnern) und Kanada (mit 20%) gut funktioniert (in der Schweiz waren es 2017 ebenfalls 20% im Ausland geborene und nicht 27% wie Fukuyama die OECD zitiert). Den Brexit vergleicht er mit dem Bruch Heinrich‘s VIII mit dem Pabsttum im 16. Jahrhundert.

Lesenswert ist auch das Schlusskapitel „Was tun“ mit Vorschlägen wie der Einführung eines Pflichtdienstes als Militär- oder Zivildienst zur Stärkung des nationalen Gemeinschaftsgefühls und eines Treueeids auf die Verfassung bei der Einbürgerung. Ein wichtiges Buch gegen den populistischen Nationalismus von Trump und für multikulturelle Bekenntnisnationen, wie es die Schweiz und die USA seit langem und immer noch sind!

Francis Fukuyama, geboren 1952 in Chicago, studierte Politische Philosophie in Ithaca. Berühmt wurde er 1989 durch seinen Essay "Das Ende der Geschichte", in dem er im Zuge des Falls des Eisernen Vorhangs die liberale Demokratie als Höhepunkt der gesellschaftlichen Evolution bezeichnet. Er ist einer der bedeutendsten politischen Theoretiker in den USA und veröffentlichte zahlreiche Bücher zur US-Politik. Derzeit lehrt Fukuyama an der Stanford-Universität.

Archiv

Januar 2008: Philip Roth, Exit Ghost
Mai 2008: Jeffrey D. Sachs, Wohlstand für viele
Februar 2010: Mona Bodenmann, Mondmilchgubel

April 2010: Colin Beavan, Barfuss in Manhattan
März 2011: Philip Roth, Nemesis
August 2011: Urs Faes, Paarbildung
November 2011: Jeffrey Sachs, the price of civilization
Juli 2012: Adam Zamoyski, 1812
November 2012: Florian Illies, 1913. Der Sommer des Jahrhunderts
Juni 2013: Robert Skidelsky/Edard Skidelsky, Wie viel ist genug? Vom Wachstumswahn zu einer Ökonomie des guten Lebens
August 2013: Jeffrey D. Sachs, To move the world
Dezember 2013:
Martina Frei/Honegger Regula, Zürich für Kinder. Die Stadt entdecken, erleben und enträtseln und William Manchester,The death of a President
Mai 2014: Die Geschichte der Schweiz hrsg. von Georg Kreis und Orlando Figes, Krimkrieg
Weihnachten 2014:
Nassim Nicolas Taleb, Antifragilität und André Holenstein, Mitten in Europa. Verflechtung und Abgrenzung in der Schweizer Geschichte
April 2015: Thomas Maissen, Schweizer Heldengeschichten und was dahinter steckt, Anton Gunzinger, Kraftwerk Schweiz und Werner Ryser, Walliser Totentanz
Mai 2015: Die Naturforschenden. Auf der Suche nach Wissen über die Schweiz und die Welt 1800-2015. Herausgegeben von Patrick Kupper und Bernhard C. Schär
Silvester 2015: Elisabeth Kolberg, das sechste Sterben und Diccon Bewes, Mit 80 Karten durch die Schweiz
Februar 2016:
Peter Frankopan, The Silk roads. A new history of the world
April 2016: John Hirst,
die kürzeste Geschichte Europas
Adventszeit 2016:
Leon de Winter, Geronimo
September 2017:
Yuval Noah Harari, Homo deus
Dezember 2017:
Cathy O'Neil, Angriff der Algorithmen
April 2017: Martin Puchner, The written world
Juni 2017: Geoffrey West, Scale. The Universal Laws of Life, Growth, and Death in Organisms, Cities, and Companies
August 2018: Lisa Halliday, Asymmetrie
Oktober 2018: Maryanne Wolf, Reader come home. The reading brain in a digital world
November 2018: Katharina Adler, Ida
Juni 2019: Hector Garcia/Francesc Miralles, Ikigai





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