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In
der Schweizerischen Ärztezeitung hat der Chefredaktor, Dr. med. Bruno
Kesseli den Kriminalroman der Berner Ärztin Esther Pauchard zur Lektüre
empfohlen. Mit seiner Einwilligung kann ich seinen Druck hier abdrucken.
Esther
Pauchard, Jenseits der Couch
429
Seiten Fr. 39.00 bitte mit Mail bestellen
Jenseits der Couch
Wer in seiner Assistentenzeit je in einer psychiatrischen Klinik Nachtdienst
geschoben hat, wird sich innert Sekundenbruchteilen in die Haut der jungen
Ärztin
Kassandra «Ka» Bergen versetzen können: Wenn um halb
drei Uhr morgens im Dienstzimmer das Telefon schrillt und den Schlaf der
Gerechten abrupt beendet,
ist Ärger angesagt. Was sich aus dem nächtlichen Anruf ergibt,
ist allerdings mit dem Begriff des harmlosen Ärgers, der so etwas
wie das Salz in der Suppe des
ärztlichen Alltags bildet, nicht mehr adäquat erfasst.
Zunächst sieht alles nach einem «Routinefall» aus: Eine
psychotische Patientin, die im Wahn ihren Mann mit einem Messer bedroht
hat, wird zwangshospitalisiert
und muss von der Dienstärztin aufgenommen werden. Offenbar hat die
an einer Schizophrenie leidende Doris Greub in letzter Zeit ihre Medikamente
nicht mehr regelmässig eingenommen – eine häufige Problematik
bei Patienten mit dieser Diagnose. Kompliziert wird die Angelegenheit
durch eine Suchterkrankung der 36-Jährigen. Heroin, Kokain, Medikamente:
eine «klassische» Polytoxikomanie.
Was die Frau der Ärztin erzählt, ist dazu angetan, unbedarften
Zuhörern Schauer über den Rücken zu jagen. Doch als Fachperson
identifiziert man – oder in diesem Fall frau – die Aussagen
souverän als Ausdruck der floriden Psychose, zumal der beschuldigte
Ehemann ein ehrenwerter «Banker» mit lokalpolitischen
Ambitionen ist. Dieser soll, so Doris Greub, ihre Tochter (seine Stieftochter)
einer Gruppe von Freunden zum Ausleben sexueller Fantasien zur Verfügung
gestellt haben. Die Behandlung mit einem Neuroleptikum wirds richten,
denn wie die Laborbefunde zeigen, ist der Spiegel des verordneten Antipsychotikums
eindeutig zu tief.
Doch es kommt anders. Die Patientin stabilisiert sich, die Beschuldigungen
bleiben. Bei «Ka» Bergen beginnen sich Zweifel zu regen, ob
es sich wirklich um persistierende Wahnvorstellungen handelt. Unterstützt
von ihrer Unterassistentin und gegen den – zumindest anfänglich
hartnäckigen – Widerstand ihres
männlichen Umfelds beginnt sie, im Umfeld der Patientin zu recherchieren.
Bald schon zeigen sich klaffende Risse in der Fassade des gutbürgerlichen
Milieus, in das Doris Greub hineingeheiratet hat. Und als die Protagonistin
dem Drahtzieher hinter den Kulissen bedrohlich auf die Pelle rückt,
wird es für sie gefährlich …
Esther Pauchard ist die Welt, in der sie ihre Geschichte angesiedelt hat,
bestens vertraut. Als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie
hat sie das klinische Curriculum bis zur Oberärztin durchlaufen,
arbeitet aktuell in einer Suchtfachklinik in Burgdorf und führt daneben
eine eigene Praxis. In ihrem Erstling spielt sie ihre Trumpfkarten gekonnt
aus. Die präzisen Schilderungen des ärztlichen Berufsalltags,
deren unprätentiöse, schnörkellose Sprache durch Einsprengsel
trockenen Humors und einen gelegentlichen Schuss Ironie angereichert ist,
dürften das Interesse vieler Leserinnen und Leser mühelos wecken.
Dazu kommt ein Plot, der zwar nicht dem traditionellen Krimischema entspricht
(«Wer war der Täter?»), nichtsdestotrotz aber einen Spannungssog
erzeugt, in
den man sich gern hineinziehen lässt.
Eine Frage allerdings beschäftigt den Rezensenten bis heute: Sind
wir Männer wirklich ein so träger und begriffsstutziger Haufen,
dass wir bei Problemen erst dann hinschauen und unsere Kolleginnen bzw.
Ehefrauen unterstützen, wenn es wirklich nicht mehr anders geht?
Bruno
Kessli, Basel
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Wesbonk, Stäfa
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