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Jochen Müller,
ein Mitschüler meines Mannes im Gymnasium in Wetzikon, hat das Buch
von Rüdiger Barth für Sie gelesen
Rüdiger
Barth/Hauke Friederichs, Die Totengräber, der letzte Winter
derWeimarer Republik
Fischer Taschenbuch
414 Seiten Fr. 26.30 leider inzwischen vergriffen
In dem Buch
wird im gut recherchierten Detail in Tagebuchform beschrieben, wie auf
der einen Seite ein Feldmarschall, Reichspräsident Hindenburg und
zwei Generäle, von Papen und Schleicher, Überbleibsel der deutschen
Monarchie mit Verachtung für die Demokratie als Staatsform und auf
der anderen Seite ein die absolute Macht anstrebender Hitler, unterstützt
von seinem genialen Propagandisten Goebbels die Weimarer Republik zu Grabe
trugen, um eine Diktatur mit «geordneten» Zuständen einzurichten.
Die Beschreibung der Rollen der Parteien und ihrer Protagonisten, bürgerliche,
soziale, kommunistische und nationale kommt dabei nicht zu kurz wie auch
jene der Wirtschaftsführer, der Reichswehr und der Monarchisten aller
Gattungen.
Den Totengräbern spielte in die Hände, dass die bürgerlichen
Parteien uneinig, ohne starke Führung und oft Kleinstparteien mit
gespaltenen Interessen waren. So nützten sie eine momentane Schwäche
der NSDAP 1933 - diese hatte eine Reichstagswahl verloren und war in erheblichen
finanziellen Schwierigkeiten - nicht aus. Die bürgerliche Regierung
der Weimarer Republik versuchte ihr Bestes, um Deutschland aus der Wirtschaftskrise,
als Folge des Börsensturzes von 1929 herauszuführen, was jedoch
aus verschiedenen Gründen verpuffte.
Das Buch beschreibt in packender Weise Schritt um Schritt, von Tag zu
Tag, vom 17.November.1932 bis zum 30.Januar.1933, wie die Totengräber
bei der Vernichtung der Weimarer Republik vorgingen. Es beschreibt den
Zustand von Deutschland, der diese Machenschaften erleichterte. Das Land
war physisch und psychisch geschwächt durch den Versailler Vertrag
von 1919, verschiedene Wirtschaftskrisen mit seinen vielen Arbeitslosen,
das Elend der Bewohner und den Strassenschlachten der Parteisoldaten.
Die Bevölkerung sehnte sich nach lebenswürdigen Zuständen
und Ordnung, wie ihr von allen Seiten, in Extremis von Nazis und Kommunisten
versprochen wurden, die dadurch grossen Zulauf erhielten. Zusätzlich
zu den beschriebenen Gründen für den Zulauf zur NSDAP wird in
dem Buch auch der Antisemitismus und die sich daraus ergebende Verschlimmerung
der Situation der Juden in Deutschland beschrieben.
Beim Niedergang der Weimarer Republik spielte auch eine wichtige Rolle,
dass der Demokratiegedanken in der Bevölkerung zu jener Zeit nach
Jahrhunderten von Absolutismus in Deutschland nicht in starkem Mass verankert
war, diese Staatsform nicht in aller Konsequenz verteidigt und eine Diktatur
nicht rundweg abgelehnt wurde. Trotzdem gab es, wie in dem Buch beschrieben
Versuche durch demokratische Kräfte zur Weiterführung der Demokratie
und der Verbesserung des Zustands, in dem sich das Land befand, gezeigt
in einer Art «was wäre, wenn» Konfrontation. Dem Leser
wird so die Hoffnung vermittelt, dass es «anders hätte kommen
können».
Illustrierend für die damalige Situation sind die aktuellen Schlagzeilen
von Zeitungen der verschiedenen Richtungen über den Kapiteln, auf
deren Inhalt bezogen. Der Meinung von ausländischen Personen, Diplomaten,
Journalisten und Einwohnern wird ebenfalls Achtung geschenkt, die teils
die Situation richtig erkannten teils aber auch verschätzten.
Was aus dem Buch auch klar hervorgeht, ist nicht nur die Angst der Regierenden
und mit ihr verbundenen Kreise sowie Teilen der Bevölkerung vor der
Machtübernahme durch die von Moskau gesteuerten Kommunisten, sondern
auch ihre Unterschätzung Hitlers.
Die regierenden Militärs zusammen mit mächtigen Wirtschaftsführern
oblagen dem Irrtum, dass sie Hitler und seine Gefolgschaft führen,
beherrschen und für ihre Zwecke gebrauchen könnten. Dieser Irrglauben
wäre wohl zerstört worden, hätten diese nur schon Schlüsselkapitel
aus «Mein Kampf» von Hitler, erschienen 1925 gelesen, in denen
klar seine Vorstellungen u.a. über sein Machtbestreben und seine
Ziele dargelegt sind.
Es sei hier die Bemerkung gestattet, dass heutige Besserwisserei zu dem
damaligen Irrtum fehl am Platze ist. Auch in unserer Zeit wurde beispielsweise
Putin, der russische Diktator ähnlich von Regierenden, Wirtschaftsführern
und der Öffentlichkeit während langer Zeit unterschätzt,
obwohl die Fakten für seine Eroberungslust schon damals klar zu Tage
traten. Das führt mich zur Schlussbemerkung, dass wir aus solchen
Geschehnissen und Machtspielen, dargestellt in dem vorliegenden Buch lernen
sollten, um durch solche Machtmenschen verursachte, ähnliche Katastrophen
mit geeigneten Massnahmen vor ihrem Beginn zu vermeiden.
Jochen
Müller, geschichtsinteressierter Maschineningenieur
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