Die Journalistin Elisabeth Bardill-Meyer aus Tenna im Safiental hat mir die Erlaubnis gegeben, ihre Buchbesprechungen hier abzudrucken. Ganz herzlichen Dank!


Eine Besprechungung für Sie:
Elena Fischer, Paradise Garden


Elena Fischer,
Pardise Garden
Diogenes Verlag
352 Seiten Fr. 28.80 Info/bestellen

 

Paradise Garden
Die Wirklichkeit als modernes Märchen


«Meine Mutter hatte sich grosse Mühe gegeben. Sie wollte, dass der Ort wo wir leben, schön war. Sie wollte nicht, dass jemand, der uns besuchen kam, sofort sah, dass wir am Monatsende Nudeln mit Ketchup assen.» Mit ihrer Mutter spielt sie Urlaub im Laubengang zwischen der Wohnungstür und der Brüstung, die Mutter im Bikini, Billie in einem Badeanzug. Sie schieben die Liegestühle hinaus, lassen sich die Sonne auf den Bauch scheinen und schlürfen Limonade. Und wenn dann Luna mit Torte und Achmed vorbeikommt, ist die Welt in Ordnung. Das Rauschen der Autos ist immer da, sie stellen sich dabei das Meeresrauschen vor. Mutter und Tochter im siebzehnten Stockwerk eines Wohnblocks sind sich nahe und aufeinander angewiesen. Billie ist vierzehn Jahre alt, sie hat eine Schulfreundin, die in einer Familie mit Brüdern im eigenen Haus aufwächst. Sie mögen sich, bis eines Tages der Standesunterschied ans Licht kommt. Die eine Mutter will helfen und Essen schenken, die andere ist stolz und lehnt Almosen ab.

Billies Mutter stirbt in diesem Sommer beim Sturz in der Wohnung im Streit mit der Grossmutter, die unerwartet aus Ungarn angereist kommt und die innige Zweisamkeit von Mutter und Kind durcheinanderbringt. Die enge, dürftig eingerichtete Wohnung begünstigte die Unstimmigkeiten. Verzweifelt, in tiefer Trauer und auf sich allein gestellt, wühlt Billie in den wenigen Hinterlassenschaften ihrer Mutter und findet verschlüsselte Hinweise über ihren Vater. Es ist höchste Zeit, ihn zu finden. Keinesfalls will sie mit ihrer Grossmutter nach Ungarn reisen. Sie fährt mit Mutters altem Auto weg in Richtung Meer. Eine abenteuerliche Reise nimmt ihren Anfang und Billie stösst an ihre Grenzen. In einer kindlichen Ahnungslosigkeit überwindet sie mutig manche Hürde und Lebensgefahr auf ihrer Reise.

Die erfundene Geschichte in Romanform berührt die Entwicklungsphase, in der ein Kind ins Erwachsenenalter heranreift. Die Autorin Elena Fischer hat ein feines Gespür, wie sie Billie auf diesem Weg begleitet. Adoleszenz ist in der Literatur ein wiederkehrendes Thema und betrifft das Menschsein in jeder Hinsicht. Nach dem Tod der Mutter hat Billie eigentlich offene Türen. Die Familie Ihrer Freundin möchte sie zu sich nehmen und die Behörden zeigen sich als helfende Institutionen. Billie lässt polizeiliche Begleitung und Schlafplatzangebot geschehen, nimmt jedoch ihr Schicksal selbst an die Hand. Wie im Märchen hört die Geschichte da auf, wo Lebensperspektiven in Sichtweite rücken.

Zur Autorin
Elena Fischer, 1978 geboren, lebt mit ihrer Familie in Mainz. Sie studierte Literatur- und Filmwissenschaft und besuchte die Darmstädter Textwerkstatt. Mit einem Auszug aus ihrem Debutroman gewann sie den Literaturförderpreis der Landeshauptstadt Mainz für junge Autorinnen und Autoren und wurde für weitere Preise nominiert. «Paradise Garden» ist ein lebensbejahendes Buch. Elena Fischers Alltagsnähe lässt sie über Kleinigkeiten schreiben, die nachvollziehbar sind und die man als Kind selber erlebt oder vermisst hat. Sie zeigt, wie man im Erwachsenenalter mit Kindern und Jugendlichen liebevoll und behutsam umgehen kann.


Empfohlen von Elisabeth Bardill
Tenna, 23. November 2023



Elisabeth Bardill


Elisabeth Bardill-Meyer kam 1941 im aargauischen Auenstein zur Welt und wuchs danach in Küsnacht am Zürichsee auf. Nach der Ausbildung zur Kindergärtnerin an der Neuen Mädchenschule Bern war sie in Bubendorf BL tätig. Nach der Heirat mit einem Bündner Lehrer zog sie nach Tenna ins Safiental und später nach Schiers. Sie hat vier Söhne und fünfzehn Enkel. Während vieler Jahre unterrichtete sie im Bildungszentrum Palottis Schiers in den Fächern Erziehungslehre, Werken und Gestalten. Seit 2004 lebt Elisabeth Bardill mit ihrem Mann wieder in Tenna. Sie arbeitet freischaffend journalistisch für Zeitschriften, Zeitungen wie auch regelmässig für die „Terra Grischuna“, schreibt Bücher und gibt diese selber unter „edition bardill“ heraus. Es handelt sich stets um Porträts von Menschen in Graubünden.



Elisabeth Bardill, Männer und Frauen verwurzelt in Graubünden

Edition Bardill
Fr. 30.00 bitte mit Mail bestellen



Elisabeth Bardill, Bauernstolz und Bauerntum
Edition Bardill, 2008 Fr. 35.00 bitte mit Mail bestellen

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