Die Journalistin Elisabeth Bardill-Meyer aus Tenna im Safiental hat mir die Erlaubnis gegeben, ihre Buchbesprechungen hier abzudrucken. Ganz herzlichen Dank!


Besprechungungen für Sie:
Elizabeth Strout, Am Meer
Bruno Fuchs, Reiche Schweiz - Arme Menschen


Elizabeth Strout, Am Meer
Luchterhand Verlag
285 Seiten Fr. 33.50 Bitte mit Mail bestellen

Am Meer

Der neue amerikanische Roman von Elizabeth Strout versetzt uns in die jüngste Vergangenheit als die Zeit der Pandemie begann. Unsicherheit, Panik, Flucht und Veränderung, zuerst in den Grossstätten, später auch auf dem Lande, warfen viele Fragen auf. Es ist eine Geschichte über Familie und Freundschaft und es geht darum, wie weit wir gehen, um die zu retten, die wir lieben und warum manche mehr Glück haben als andere. Die Hauptfigur Lucy Barton ist Schriftstellerin, zweimal verheiratet, geschieden und verwitwet mit zwei Töchtern. William ist Naturwissenschaftler und ist weniger überrumpelt. Er sah es kommen. Lucy schildert in der Ich-Form ihre Gefühle, Gedanken und Träume während der ausserordentlichen Zeit der Coronapandemie, als sie von ihrem Exmann aus New York in die ländliche Gegend Main abgeholt wird. Das Haus steht einsam mit Sicht auf das Meer. Die Abgeschiedenheit von zwei Menschen an diesem Ort, die gemeinsam zwei erwachsene Töchter haben und plötzlich nach Jahren wieder aufeinander angewiesen sind, wird zum stillen, spannenden Abenteuer. In der Quarantäne verfeinert sich die Wahrnehmung im Umgang zu sich selber, zu den Mitmenschen und zur Umgebung. Die Werte verschieben sich. Aus Wochen werden Monate, in denen Lucy und William mit ihrer je anstrengenden Vergangenheit zusammen sind. Familienglieder und Freunde schaffen Herausforderungen, Sorgen und Freuden. «Im Prinzip sind wir alle im Lockdown, durchgehend, wir wissen es nur nicht. Aber wir behelfen uns, so gut wir können. Fast alle versuchen wir nur, uns irgendwie durchzuschlagen.»
Die Autorin führt durch die Ereignisse in Gesundheitswesen und Politik, welche die Gesellschaft spalten. Armut, Reichtum, was Sozial- und Bildungsgeschichte heisst, flicht sie in Kurzform in den Roman «Am Meer» ein.

Die Autorin Elizabeth Strout wurde 1956 in Portland, Maine, geboren. Sie zählt zu den grossen amerikanischen Erzählstimmen der Gegenwart. Sabine Roth hat den wunderbaren Roman in Deutsch übersetzt.
Empfohlen von Elisabeth Bardill

Tenna, 3. Februar 2024


Bruno Fuchs, Reiche Schweiz - Arme Menschen
Verlag Elfundzehn
173 Seiten Fr. 24.90 bitte mit Mail bestellen


Reiche Schweiz, Arme Menschen


Leben an der Armutsgrenze wird in elf Porträts geschildert. Armut zeigt sich in ganz verschiedenen Formen und meistens ist sie unsichtbar. Betroffene leben oft im Dauerstress, weil sie auch als Teil der Gesellschaft wahrgenommen werden möchten. Die Gründe, die in die Armut führen sind unterschiedlich und auch die Gefühle die hervorgerufen werden. Schuld, Scham, Wut oder Demütigung können zu ständigen Begleitern werden. Armut wird von selbstgerechten Menschen oft als Fehlverhalten des Einzelnen betrachtet und nicht als Problem der Politik und der Gesellschaft. Geringer Bildungsstand, unsichere Erwerbsarbeit, gesundheitliche Beeinträchtigungen oder sozial benachteiligte Verhältnisse sind je nach Lebenslage noch kein Armutsrisiko. Trifft einer oder zwei dieser Faktoren zu, können schnell Probleme entstehen. Besonders schwierig ist der Zugang zum Arbeitsmarkt für Leute ohne geregelten Aufenthaltsstatus. Sie laufen ständig Gefahr, aus dem Land gewiesen zu werden. In der reichen und auf Leistung getrimmten Schweiz fehlt für Armutsbetroffenen das Verständnis. Es kommen gar ungute Gefühle und Widerwille auf gegen Menschen, die am Rande leben. Einsamkeit ist ein weitverbreitetes Problem und drückt sich oft in einem Mangel an sozialen Kontakten aus. Ungünstig wirkt sich die Armut auf Kinder aus, die erleben wie sich Eltern schämen, weil sie sich vieles nicht leisten können, beruflich unter den Erwartungen geblieben sind und den Kindern bestimmte Wünsche nicht erfüllen können. Rund 40 Prozent der Ehen gehen in Brüche. Der unterhaltspflichtige wie der alleinerziehende Elternteil, kann in Geldnot kommen.

– Im Buch gibt es auch Beispiele von neuer Zufriedenheit bei weniger Konsum oder neuem Lebensplan durch Beratung. Die Hilfe des sozialen staatlichen Netzwerks leistet dazu einen Beitrag. Um nicht unterzugehen braucht es auch Überlebensenergie und Erfindertum.

Empfohlen von Elisabeth Bardill
Tenna, 12. März 2024



Elisabeth Bardill


Elisabeth Bardill-Meyer kam 1941 im aargauischen Auenstein zur Welt und wuchs danach in Küsnacht am Zürichsee auf. Nach der Ausbildung zur Kindergärtnerin an der Neuen Mädchenschule Bern war sie in Bubendorf BL tätig. Nach der Heirat mit einem Bündner Lehrer zog sie nach Tenna ins Safiental und später nach Schiers. Sie hat vier Söhne und fünfzehn Enkel. Während vieler Jahre unterrichtete sie im Bildungszentrum Palottis Schiers in den Fächern Erziehungslehre, Werken und Gestalten. Seit 2004 lebt Elisabeth Bardill mit ihrem Mann wieder in Tenna. Sie arbeitet freischaffend journalistisch für Zeitschriften, Zeitungen wie auch regelmässig für die „Terra Grischuna“, schreibt Bücher und gibt diese selber unter „edition bardill“ heraus. Es handelt sich stets um Porträts von Menschen in Graubünden.



Elisabeth Bardill, Männer und Frauen verwurzelt in Graubünden

Edition Bardill
Fr. 30.00 bitte mit Mail bestellen



Elisabeth Bardill, Bauernstolz und Bauerntum
Edition Bardill, 2008 Fr. 35.00 bitte mit Mail bestellen

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